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Wohnen im Recycling-Paradies
Im Landkreis Schwäbisch Hall baut die Gemeinschaft Schloss Tempelhof ein “Earthship” (Erdschiff) nach der Vision des amerikanischen Architekten Michael Reynolds. Ein autarkes Haus aus Zivilisationsmüll.
Rund 25 Menschen, Paare, alleinerziehende Mütter mit Kindern und Kleinfamilien wohnen in Bau- und Wohnwagen um das neue Gebäude herum. Sie werden seine Küche und Bäder gemeinschaftlich als Infrastruktur nutzen.
Sie gehören zu der Gemeinschaft von 140 Menschen, die das Dorf Tempelhof gekauft hat und hier alternative und nachhaltige Lebensformen erprobt. Das Earthship ist als Experiment gedacht und ein Piloprojekt der Gemeinschaft, dass die Grundlage für neue Bauformen und ‑techniken bilden soll. Mit ungelernten Menschen, darunter 70 Freiwillige aus zwanzig Nationen haben die Tempelhofer ihr Earthship errichtet. Schon das eine logistische Meisterleistung: Wo sonst 140 Menschen essen, schlafen und leben, ging es über mehrere Monate hinweg darum, all die Freiwilligen mit zu versorgen und in die Gemeinschaft zu integrieren. Grundidee des Earthships ist es, beim Bau möglichst viele Reststoffe zu verwenden und Rohstoffe zu sparen und das Gebäude mit geschlossenen Kreisläufen zu betreiben. Alte Autoreifen, Glasflaschen und Dosen können hier eine neue Bestimmung finden.
Hauswand aus Autoreifen
So bildet ein meterdicker Erdwall mit Autoreifen an drei Seiten die Hauswand des Earthships. Rund 1000 Autoreifen haben die Freiwilligen gestapelt. Haben sie mit lehmiger Erde aus der Umgebung gefüllt und verdichtet und damit eine Hauswand geschaffen, die gut dämmt und Wärme speichert. Haben alte Glasflaschen zerschnitten, wieder zusammen gefügt und mit dem selbstgefilterten Lehm zu Wänden verbaut. So ist nach und nach die Außenhülle des Earthships entstanden. Mittlerweile läuft der Innenausbau, Ende März soll das Haus bezugsfertig sein.
Geschlossene Kreisläufe
Nicht nur die ungewöhnlichen Baumaterialien machen den Charme des Earthships aus, sondern auch dessen sparsamer Betrieb. Das Gebäude wird mit komplett geschlossenen Kreisläufen beheizt und gelüftet und kann sich auch mit Wasser versorgen. Während an der Nordseite die Reifen-Wand dämmt, gibt es zur Südseite hin einen breiten Wintergarten aus alten Fenstern und Sonnenkollektoren. Sie sammeln die Sonnenenergie, um damit Wasser zu erwärmen und Strom zu erzeugen.
Earthships und Bauwagen sind eins
Nur wenn es draußen zu kalt wird, sorgt ein Heizkessel für zusätzliche Wasserwärme. Er wird mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben. Das Earthship und die Wagen sind über Heizungsrohre miteinander verbunden und so als ein Gebäude genehmigt. Ein ungewöhnlicher Weg im deutschen Baurecht.
Wasser – mehrfach genutzt
Sich komplett mit selbst aufbereitetem Wasser zu versorgen, das darf das Earthship allerdings nicht. Es ist an die Kanalisation angeschlossen. Denn das Toilettenwasser darf nicht, wie ursprünglich geplant, die Beete düngen. Dabei könnte das Earthship auch hier den Kreislauf schließen: Das bepflanzte Dach fängt den Regen auf, filtert ihn, bevor er in Waschbecken und Duschen zum Einsatz kommt. Von dort landet das Wasser in den Beeten und dient danach der Toilettenspülung.
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Erstes Earthship in Deutschland
Das Gebäude ist das erste seiner Art in Deutschland. Der amerikanische Architekt Michael Reynolds baute in den 70er Jahren sein erstes Earthship in New Mexico. Mittlerweile gibt es über 1.000 Häuser weltweit, die nach dem Prinzip der “Biotechture” funktionieren. Je nach Standort wird die Bauweise an die klimatischen Gegebenheiten und an das geltende Baurecht angepasst. Die Erbauer des ersten deutschen Earthship werden nun mit Fühlern und Sensoren die klimatischen Werte und den Energieverbrauch des Hauses messen. Auch die Entscheidungen für die verschiedenen Materialien werden zur Diskussion und für zukünftige Projekte transparent gemacht. Bereits jetzt gibt es eine Gruppe junger Leute, die eine neue Gemeinschaft grünen und dafür ein Grundstück kaufen will. Sie werden von der “grund-stiftung” der Tempelhofer Gemeinschaft unterstützt.
Das Dorf Tempelhof und seine Bewohner
Die gemeinnützige Stiftung Schloss Tempelhof hat 2010 das Dorf Tempelhof bei Schwäbisch Hall in Erbpacht erworben. Auf dem über 30 Hektar großen Gelände gibt es schon jetzt Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für bis zu 300 Menschen. Die Gemeinschaft betreibt Land- und Tierwirtschaft, eine Bäckerei, stellt Käse und Honig selber her und bewirtschaftet Großküchen, ein Seminar- und Gästehaus, Werkstätten sowie eine Mehrzweckhalle mit Bühne. Kinder können in der freien Schule des Ortes in die Vor‑, Grund- oder Realschule gehen.
Quelle: Bundesregierung
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Olaf Lies: „Baugenehmigungen sollen digital, bequem und von überall gestellt werden können”
Änderung der Niedersächsischen Bauordnung — Bauminister Olaf Lies: „Baugenehmigungen sollen digital, bequem und von überall gestellt werden können”
Mit einer Änderung der Niedersächsischen Bauordnung sollen künftig überall in Niedersachsen Bauanträge von zuhause aus elektronisch gestellt und die Verfahren elektronisch abgewickelt werden können. Die Landesregierung hat am (heutigen) Dienstag dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung und des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes zugestimmt und beschlossen, den Entwurf zur Verbandsbeteiligung freizugeben und den Landtag hierüber zu unterrichten.
„Ziel ist es, dass demnächst jeder seine Baugenehmigung bequem, komplett digital und von überall beantragen kann. Diese Änderungen in der Niedersächsischen Bauordnung sind ein echter Meilenstein bei der Digitalisierung von Verwaltungsverfahren”, sagte Bauminister Olaf Lies. Und auch das Arbeiten in den Behörden werde sich ändern und schneller werden. „Künftig wird das parallele Abarbeiten von Anträgen innerhalb der Ämter die Regel werden. Das bedeutet, dass die Anträge nicht mehr nacheinander in Reihe abgearbeitet werden müssten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten dann zu jedem Zeitpunkt die einzelnen, speziell ihren Fachbereich betreffenden Teile einer Baugenehmigung parallel bearbeiten”, erläuterte der Minister. Dieses liege allerdings in der Organisationshoheit der Kommunen. Mit entsprechender Software könnten beispielsweise auch die Verfahrensstände von den Bauherrinnen und Bauherren eingesehen und die Baugenehmigungen abgerufen werden. „Durch die Digitalisierung der Verfahren läge hier eine enorme Chance für spürbar beschleunigte Bearbeitung.”
Die Niedersächsische Bauordnung sei dann das erste Fachgesetz in Niedersachsen, das detaillierte Regelungen für ein elektronisches Antragsverfahren vorsehe. Im Vordergrund stünde, für alle Beteiligten ein rechtssicheres und effektives Verfahren zu gewährleisten. „Baugenehmigungsverfahren können durch die Digitalisierung effektiver, schneller und kostengünstiger durchgeführt werden”, verwies Lies auf die Vorteile. „Am Ende soll jeder seine Baugenehmigung am sprichwörtlichen Küchentisch stellen können.”
„Die niedersächsischen Landkreise begrüßen die überfällige Digitalisierung des niedersächsischen Baurechts. Das ist auch ein wichtiger Schritt zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Wir erhoffen uns dadurch zudem einen Schub für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung insgesamt”, kommentierte NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer die Vorlage des Entwurfs durch den Bauminister.
In Niedersachsen gibt es insgesamt rund 100 Baugenehmigungsbehörden. Laut Lies sind einige Behörden bereits sehr weit: „Der Landkreis Osnabrück, der Heidekreis und der Landkreis Lüchow-Dannenberg sind hier sicherlich unter den Vorreitern, andere stehen in den Startlöchern oder haben sich schon auf den Weg gemacht.” Mit den geplanten Änderungen würde das elektronische Baugenehmigungsverfahren nicht mehr die Ausnahme sein. „Ein wichtiger Punkt: Mit der Novelle machen wir die digitale Antragsstellung in Niedersachsen künftig zum Regelverfahren. Das wird einen Schub auch bei den Baugenehmigungsbehörden auslösen, die vielleicht noch nicht so weit sind.”
Angestrebt wird, dass die Änderungen gemeinsam mit der Niedersächsischen Bauvorlagenverordnung am 1. Januar 2022 in Kraft treten. Übergangsregelungen sollen es Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kommunen ermöglichen, sich auf das neue Verfahren einzustellen. Mit den geplanten Änderungen würden auch Vorgaben der Europäischen Union und des Onlinezugangsgesetzes umgesetzt.
Zahlreiche Verbände haben nun sechs Wochen lang die Möglichkeit, ihre Auffassung über den Entwurf dem Bauministerium mitzuteilen.
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