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Soci­al­Lab – Nutz­tier­hal­tung im Spie­gel der Gesellschaft

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Die Hal­tung von Nutz­tie­ren wird in der Öffent­lich­keit zuneh­mend kri­tisch hin­ter­fragt; die gesell­schaft­li­chen Vor­stel­lun­gen und die moder­ne land­wirt­schaft­li­che Pra­xis lie­gen teils weit aus­ein­an­der. In die­sem Kon­text ist das Ver­bund­pro­jekt “Soci­al­Lab” angesiedelt.

Seit 2015 hat ein inter­dis­zi­pli­nä­res, wis­sen­schaft­li­ches Kon­sor­ti­um unter Füh­rung des Thü­nen-Insti­tuts die gesell­schaft­li­che Sicht auf die Nutz­tier­hal­tung unter­sucht. Ziel war es, ein dif­fe­ren­zier­tes Bild der Ent­wick­lung der Wahr­neh­mun­gen und Erwar­tun­gen und damit der bestehen­den gesell­schaft­li­chen Kri­tik dif­fe­ren­ziert zu erhal­ten. Nun haben die Wis­sen­schaft­ler die For­schungs­er­geb­nis­se in Ber­lin vor­ge­stellt.

Mit Befra­gun­gen, der Ana­ly­se von Ein­kaufs­da­ten, Eye-Track­ing, aber auch mit inno­va­ti­ven neu­ro­wis­sen­schaft­li­chen Ver­fah­ren haben sie unter­sucht, wie die ein­zel­nen Akteu­re die Tier­hal­tung in der Land­wirt­schaft wahr­neh­men und wie der Han­del die Ver­mark­tungs­si­tua­ti­on ein­schätzt. Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft (BMEL) hat das drei­jäh­ri­ge Pro­jekt mit knapp 2,4 Mil­lio­nen Euro gefördert.

Zie­le des Pro­jek­tes waren die…

  • dif­fe­ren­zier­te Unter­su­chung der Kri­tik an der land­wirt­schaft­li­chen Nutz­tier­hal­tung durch unter­schied­li­che gesell­schaft­li­che Gruppen.
  • Skiz­zie­rung von Wegen, um gesell­schaft­li­che Akzep­tanz zurückzugewinnen.
  • Unter­stüt­zung der Wei­ter­ent­wick­lung einer Nutz­tier­hal­tung in Deutsch­land, die gesell­schaft­lich akzep­tiert und wirt­schaft­lich trag­fä­hig ist.

Der Ansatz des Soci­al­Lab ist dabei, dass es ganz grund­sätz­lich um das bes­se­re Ver­ste­hen geht. Die Wis­sen­schaft­ler forsch­ten einer­seits ent­lang der Fra­ge, wie die Bür­ger die Tier­hal­tung wahr­neh­men, ande­rer­seits, wie Land­wir­te ihre eige­ne Tier­hal­tung wahr­neh­men und wo von bei­den Sei­ten Kri­tik geäu­ßert wird.

Ver­ste­hen ist die Vor­aus­set­zung für Akzeptanz

Die Ergeb­nis­se von gemein­sa­men Dis­kus­si­ons­run­den mit Ver­brau­chern und Land­wir­ten zei­gen, dass…

  • Ver­brau­cher und in Gren­zen auch Land­wir­te bereit sind, ihre Ein­schät­zun­gen zu ändern, wenn sie die Sicht­wei­se der ande­ren Grup­pe ken­nen lernen.
  • Ver­brau­cher ihre Ein­schät­zung dabei deut­lich stär­ker als Land­wir­te ändern. Ver­brau­cher sind offe­ner für neue Infor­ma­tio­nen und neue Argu­men­te und pas­sen ihre Bewer­tung eher an — mög­li­cher­wei­se auch, weil die sich dar­aus erge­ben­den Kon­se­quen­zen (noch) nicht mit­be­dacht werden.
  • Land­wir­te, die eige­nen betrieb­li­chen Zusam­men­hän­ge ein­be­zie­hen und eher dar­an inter­es­siert sind, auf­zu­klä­ren, als selbst neue Infor­ma­tio­nen aus den Dis­kus­sio­nen mit Ver­brau­chern zu gewinnen.
  • Ver­brau­cher die Mög­lich­keit, Infor­ma­tio­nen durch die Land­wir­te zu erhal­ten, auf­grei­fen und Fra­gen an Land­wir­te richten.

Soci­al­Lab zeigt den Bedarf für ein Dis­kus­si­ons­for­mat zu Fra­gen der markt­wirt­schaft­li­chen, gesell­schaft­li­chen oder poli­ti­schen Umset­zung der Wei­ter­ent­wick­lung der Nutz­tier­hal­tung aus Sicht ver­schie­de­ner Stake­hol­der. Not­wen­dig sind Dis­kus­si­ons­platt­for­men für einen par­ti­zi­pa­ti­ven Mul­ti-Stake­hol­der-Dis­kurs, der rea­lis­ti­sche Per­spek­ti­ven für die Ent­wick­lung einer gesell­schaft­lich akzep­ta­blen Nutz­tier­hal­tung entwickelt.

Ob Top oder Flop ent­schei­det sich am Regal

Der Ver­mark­tungs­er­folg von Inno­va­tio­nen in der Nutz­tier­hal­tung wird nicht im Stall, son­dern am Regal ent­schie­den. Daher hat der Han­del die wohl wich­tigs­te Rol­le, denn die­ser ist in der Lage, die oft nur laten­ten Prä­fe­ren­zen der Ver­brau­cher am Point of Sale durch eine nach­hal­ti­ge Nutz­tier­hal­tung zu prä­sen­tie­ren. Der­zeit sieht sich der Han­del jedoch viel mehr als Bereit­stel­ler von Pro­duk­ten, ohne eige­ne Mög­lich­kei­ten der Beein­flus­sung der Kauf­ent­schei­dung zu nutzen.

Klöck­ner: Ergeb­nis­se geben wert­vol­le Hinweise


Bun­des­mi­nis­te­rin für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft, Julia Klöck­ner, erklärt zu dem Pro­jekt: “Die For­schungs­er­geb­nis­se geben wert­vol­le Hin­wei­se, was Ver­brau­cher, Bür­ger aber auch Pro­du­zen­ten den­ken. Für unse­re poli­ti­sche Arbeit kön­nen wir hier­aus Hand­lungs­emp­feh­lun­gen ablei­ten. Denn gera­de die Tier­hal­tung ist geprägt von Miss­ver­ständ­nis­sen und unge­klär­ten Fra­ge­stel­lun­gen. Sie ist – wie vie­le Berei­che der Land­wirt­schaft – geprägt davon, dass man­che Ver­brau­cher ein idea­li­sier­tes Bild im Kopf haben.“

Das Vor­ha­ben “Soci­al­Lab – Nutz­tier­hal­tung im Spie­gel der Gesell­schaft” geht auf eine Initia­ti­ve des Thü­nen-Insti­tuts für Markt­ana­ly­se zurück. Dane­ben sind noch sie­ben wei­te­re For­schungs­ein­rich­tun­gen aus dem uni­ver­si­tä­ren und außer­uni­ver­si­tä­re­ren Umfeld betei­ligt gewe­sen. Das Pro­jekt lief von 2015–2018.

Inter­dis­zi­pli­när zusam­men gesetz­te Forschergruppe

Zur Umset­zung die­ses Vor­ha­bens hat­ten sich die Antrag­stel­ler zu einem inter­dis­zi­pli­nä­ren wis­sen­schaft­li­chen Kon­sor­ti­um zusam­men­ge­schlos­sen. Die ver­schie­de­nen For­schungs­the­men wur­den gemein­sam bear­bei­tet, wobei die Anzahl der betei­lig­ten Part­ner variierte.

Pro­jekt­be­tei­lig­te:

• Thü­nen-Insti­tut für Markt­ana­ly­se, Braun­schweig (Koor­di­na­ti­on)
• Fach­hoch­schu­le Süd­west­fa­len, Soest (Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft)
• Georg-August-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen (Lehr­stuhl Mar­ke­ting für Lebens­mit­tel und Agrar­pro­duk­te)
• Hein­rich-Hei­ne-Uni­ver­si­tät Düs­sel­dorf (Lehr­stuhl für Betriebs­wirt­schaft ins­bes. Mar­ke­ting ) 
• Pri­va­tes For­schungs- und Bera­tungs­in­sti­tut für ange­wand­te Ethik und Tier­schutz INSTET, Ber­lin
• Rhei­ni­sche Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät Bonn (Insti­tut für Lebens­mit­tel- und Res­sour­cen­öko­no­mik) 
• Tech­ni­sche Uni­ver­si­tät Mün­chen (Lehr­stuhl für Mar­ke­ting und Kon­sum­for­schung)
• Zep­pe­lin-Uni­ver­si­tät Fried­richs­ha­fen als asso­zi­ier­ter Part­ner (Gast­pro­fes­sur für Kon­sum­ver­hal­ten und Verbraucherpolitik)

Quel­le:
Bun­des­mi­nis­te­rin für Ernäh­rung und Land­wirt­schaft Foto: Ingo Tonsor@LeserECHO.de

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