Neues aus Emden

Die Emder Delftspu­cker – ein Stück Stadt­ge­schich­te am Ratsdelft

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Wer heu­te durch die Emder Innen­stadt spa­ziert und ent­lang des Rats­delfts schlen­dert, dem könn­ten drei unge­wöhn­li­che Bron­ze-Figu­ren ins Auge fal­len: Hin­nerk de Vries, Joke Rin­ne und Jan Reh­bein. Die­se drei ste­hen stell­ver­tre­tend für eine fast ver­ges­se­ne städ­ti­sche Tra­di­ti­on – die der Delftspu­cker.

Treff­punkt der alten Her­ren – oder der Leegloper

Bis in die Zeit des Zwei­ten Welt­kriegs hin­ein war die West­sei­te des Rats­delfts ein belieb­ter Treff­punkt für älte­re Män­ner. Vie­le von ihnen waren bereits im Ruhe­stand, ande­re hin­ge­gen gal­ten als soge­nann­te „Lee­glo­pers“ – Stadt­strei­cher, die dem Arbeits­le­ben zeit­le­bens fern­blie­ben. Gemein­sam ver­brach­ten sie ihre Tage auf einer schlich­ten Holz­bank, die mit dem Rücken zum Was­ser stand und von einem eiser­nen Gelän­der gesi­chert wurde.

Nach dem Abriss der alten Rat­haus­brü­cke im Jahr 1898 und der Errich­tung der neu­en Delft­trep­pe ver­schwand auch die Bank. Doch das hin­der­te die Her­ren nicht dar­an, wei­ter­hin ihre Zeit am Was­ser zu ver­brin­gen – nun ange­lehnt an das Gelän­der oder an die neu errich­te­te stei­ner­ne Balustrade.

Stadt­ge­spräch und Kautabak

Was die Män­ner ver­band, waren Gesprä­che über das Stadt­ge­sche­hen, die Poli­tik – und vor allem ihr gemein­sa­mes Las­ter: Kau­ta­bak. Die­ser war beson­ders unter See­leu­ten ver­brei­tet, da auf den höl­zer­nen Segel­schif­fen das Rau­chen wegen der Brand­ge­fahr ver­bo­ten war. Der Tabak wur­de meist nicht gekaut, son­dern in der Wan­ge gehal­ten. Wenn der Geschmack oder die Wir­kung nach­ließ, wur­de der „Sla­at­je“ (Priem) in hohem Bogen in den Rats­delft gespuckt – ein durch­aus all­täg­li­ches Schau­spiel, das den Delftspu­ckern ihren Namen gab.

Ein Denk­mal aus Bronze

2017 und 2018 kehr­ten die Delftspu­cker auf ganz beson­de­re Wei­se zurück ins Emder Stadtbild:

Drei lebens­gro­ße Bron­ze-Figu­ren erin­nern seit­her an die­se loka­le Tradition.

  • „Hin­nerk de Vries“ wur­de vom Emder Bür­ger Bern­hard Brahms gestiftet.
  • „Joke Rin­ne“ geht auf eine Stif­tung von Wal­ter Insel zurück.
  • „Jan Reh­bein“ wur­de durch das Emder Ehe­paar Man­fred Lee­ling und Johan­ne Lee­ling-Vrie­sen­ga ermöglicht.

Gestal­tet wur­den die Figu­ren vom Esen­ser Künst­ler H.C. Peter­sen, der Guss erfolg­te durch die renom­mier­te Gie­ße­rei Metall­guss Harms in Oldenburg.

His­to­rie mit Augenzwinkern

Die Delftspu­cker sind mehr als nur bron­ze­ne Skulp­tu­ren – sie sind ein lie­be­voll-iro­ni­scher Rück­blick auf das ein­fa­che, manch­mal rau­he All­tags­le­ben ver­gan­ge­ner Gene­ra­tio­nen. Heu­te brin­gen sie Besu­cher zum Schmun­zeln, regen zum Nach­den­ken an und sind fes­ter Bestand­teil des Emder Stadt­bilds – direkt am Was­ser, wo einst die Ori­gi­na­le ihre Tage verbrachten.


Tipp für Tou­ris­ten: Ein Spa­zier­gang ent­lang des Rats­delfts lohnt sich – nicht nur wegen der male­ri­schen Aus­sicht, son­dern auch, um die­sen char­man­ten Teil Emder Geschich­te mit eige­nen Augen zu entdecken.


Redak­ti­on Lese­r­ECHO Emden

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