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Das Licht am Fenster – Eine Weihnachtsgeschichte
Es war der Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags, und über Emden lag eine besondere Stille. Der Trubel der Festtage hatte sich gelegt, die meisten Menschen saßen zufrieden in ihren warmen Stuben, und draußen fiel leise der erste Schnee des Jahres.
In einer kleinen Wohnung am Stadtrand saß die alte Frau Henriksen am Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit. Neben ihr stand eine einzelne Kerze, deren Flamme sanft im Luftzug tanzte. Die Wohnung war still – zu still für ihren Geschmack. Ihre Kinder lebten weit weg, die Enkel hatte sie nur am Telefon gehört. „Frohe Weihnachten, Oma“, hatten sie gesagt, dann war die Leitung wieder stumm geworden. Der Baum im Wohnzimmer leuchtete, doch in ihr drin fühlte es sich eher nach Nachhall als nach Fest an.
Sie seufzte leise und wollte gerade die Kerze ausblasen, als sie draußen eine Gestalt bemerkte. Ein junger Mann stand auf der Straße, die Hände tief in den Taschen vergraben, den Blick unsicher umherschweifend. Er wirkte verloren, als wüsste er nicht, wohin er gehen sollte – fremd in einer Straße, die eigentlich vertraut aussah.
Frau Henriksen zögerte einen Moment, dann stand sie auf, öffnete das Fenster einen Spalt und rief hinaus: „Junger Mann! Ist alles in Ordnung?“
Der Mann blickte überrascht auf. „Ich… ja, danke. Ich habe mich nur ein bisschen verlaufen.“
„Verlaufen? An Weihnachten?“ Frau Henriksen runzelte die Stirn. „Kommen Sie doch einen Moment herein. Es ist viel zu kalt da draußen.“
Der junge Mann zögerte, sah den Schnee, der sich auf seinen Schultern sammelte, dann die warme Küche hinter ihr. Schließlich nickte er. Wenige Minuten später saß er an ihrem kleinen Küchentisch, eine dampfende Tasse Tee in den Händen. Der Geruch von schwarzem Tee und einem Rest Weihnachtsgebäck erfüllte den Raum.
„Ich bin Tim“, sagte er schließlich und drehte die Tasse zwischen den Fingern. „Ich bin eigentlich auf dem Weg zu meiner Schwester. Wir hatten… nun ja, wir hatten uns vor ein paar Jahren gestritten. Nichts Großes am Anfang, eine dumme Kleinigkeit. Aber dann wurde es immer schwieriger, den ersten Schritt zu machen. Jeder Geburtstag ohne Anruf, jedes Weihnachten ohne Karte hat es schlimmer gemacht.“ Er blickte in seine Tasse. „Heute habe ich mir gesagt: Jetzt oder nie. Aber jetzt stehe ich hier und weiß nicht mal mehr, ob sie überhaupt noch in der Straße wohnt.“
Frau Henriksen nickte langsam. Sie kannte diese Art von Stille zwischen Menschen, die einmal wichtig füreinander gewesen waren. „Wissen Sie, was das Schöne an Weihnachten ist?“, fragte sie leise. „Es ist nie zu spät für einen Neuanfang. Wie heißt Ihre Schwester denn?“
„Lena. Lena Kramer.“
Die alte Frau lächelte, und ein kleines Leuchten trat in ihre Augen. „Lena Kramer? Die wohnt drei Häuser weiter. In dem gelben Haus mit den roten Sternen im Fenster. Ich sehe sie manchmal mit ihren Kindern vorbeigehen. Nette Familie.“
Tims Augen weiteten sich. „Wirklich? Sie wohnt noch hier?“
„Natürlich. Emder sind zäh“, sagte Frau Henriksen und schmunzelte. „Und wenn ich mir etwas wünschen dürfte zu Weihnachten, dann, dass Sie jetzt aufstehen, zu ihr gehen und anklopfen. Das Leben ist zu kurz für Stolz und alte Streitigkeiten.“
Tim schluckte, sah auf seine Hände, dann zu der Kerze am Fenster. „Ich habe mir schon so oft ausgemalt, wie das sein würde“, murmelte er. „Und genauso oft hab ich’s wieder gelassen.“ Er atmete tief durch und nickte dann langsam. „Sie haben recht. Danke… danke für den Tee. Und für… alles.“
Frau Henriksen begleitete ihn zur Tür. „Gehen Sie schon. Und wenn es schiefgeht, wissen Sie ja, wo Sie eine Tasse Tee bekommen.“ Sie legte ihm kurz die Hand auf den Arm – eine kleine, aber feste Geste.
Sie sah ihm nach, wie er durch den frisch gefallenen Schnee stapfte, die Schritte erst zögerlich, dann entschlossener, bis er vor dem hell erleuchteten Haus stehen blieb. Lichterketten funkelten, hinter den Fenstern bewegten sich Schatten. Lange stand er dort, als müsse er all seinen Mut zusammensammeln, dann hob er die Hand und klopfte.
Die Tür öffnete sich. Eine junge Frau erschien im Türrahmen, ein Kind lugte neugierig hinter ihr hervor. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Man sah, wie Erkennen und Unglauben über ihr Gesicht huschten, dann Erleichterung. Ohne ein weiteres Wort fiel sie ihm um den Hals, und Frau Henriksen konnte durch das Fenster sehen, wie beide weinten und lachten zugleich. Die Kinder klammerten sich an Onkel und Mutter, wie um sicherzugehen, dass dieser Moment wirklich war.
Mit einem zufriedenen Lächeln schloss sie ihr Fenster und setzte sich wieder an ihren Platz. Die Kerze brannte noch immer, ihre kleine Flamme spiegelte sich in der Scheibe. Draußen fiel der Schnee weiter, sanft und geduldig, und plötzlich fühlte sich die Wohnung gar nicht mehr so leer an. Irgendwo zwischen Kaffeetassen, alten Fotos und dem leisen Ticken der Wanduhr hatte sich etwas verändert: Nicht die Möbel, sondern das Gefühl, verbunden zu sein.
Wenige Minuten später klopfte es an ihrer eigenen Tür. Als sie öffnete, standen Tim und Lena davor, beide mit roten Augen und breitem Lächeln, die Kinder ein Stückchen schüchtern hinter ihnen.
„Wir wollten uns bedanken“, sagte Lena. „Tim hat mir erzählt, was Sie getan haben. Möchten Sie… möchten Sie vielleicht mit uns einen Tee trinken? Die Kinder würden sich freuen, und wir haben noch jede Menge Plätzchen übrig. Und… es wäre schön, wenn Sie nicht alleine wären.“
Frau Henriksen spürte, wie ihr warm ums Herz wurde. Die einsame Stille des Abends war auf einmal weit weg. „Wissen Sie was? Das würde ich sehr gerne“, antwortete sie, und ihre Stimme klang ein wenig heller als noch vor einer Stunde.
Sie nahm ihre Kerze vom Fenster, hielt für einen Moment inne, dann blies sie die Flamme aus. Den Weg würde sie heute nicht mehr erleuchten müssen – er war gefunden. Sie zog die Tür hinter sich zu und folgte den beiden ins Nachbarhaus. Kinderstimmen, das Klirren von Tassen und der Duft nach Plätzchen kamen ihr entgegen. Hinter ihr erlosch das kleine Licht am Fenster, aber in den Herzen der drei Menschen brannte an diesem Abend ein viel größeres Feuer.
Manchmal braucht es nur ein kleines Licht, um den Weg zu finden. Und manchmal ist das Schönste an Weihnachten nicht das, was wir bekommen, sondern das, was wir weitergeben.
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Eine Geschichte der LeserECHO-Redaktion zum zweiten Weihnachtsfeiertag 2025
Disclaimer: Alle Figuren, Orte und Handlungen sind rein Fiktional. Mögliche Ähnlichkeit zu realen Personen sind rein zufällig.
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Das Fest der Lichter und der Hoffnung: Die Geschichte und Bedeutung von Weihnachten
Wenn die Tage am kürzesten sind und die Nächte am längsten, bricht eine ganz besondere Zeit an. Es ist die Phase, in der die Fenster hell erleuchtet sind, der Duft von Zimt und Tannengrün durch die Gassen zieht und die Welt für einen Moment den Atem anzuhalten scheint. Weihnachten – für viele das schönste Fest des Jahres – ist weit mehr als nur ein Datum im Kalender. Es ist ein Gefühl von Geborgenheit, ein Fest der Familie und vor allem ein Symbol der Hoffnung, das gerade in der dunklen Jahreszeit eine tiefe Strahlkraft entfaltet.
Die Wurzeln: Ein Kind in der Krippe
Die ursprüngliche Geschichte von Weihnachten führt uns über 2.000 Jahre zurück in eine kleine Stadt namens Bethlehem. Nach der christlichen Überlieferung, wie sie im Lukasevangelium beschrieben wird, suchten Maria und Josef in einer überfüllten Stadt vergeblich nach einer Herberge. In einem einfachen Stall fanden sie Zuflucht, und dort wurde Jesus geboren. Die Botschaft dieser Nacht war revolutionär: Gott wird Mensch, nicht in einem Palast, sondern in Armut und Bescheidenheit. Die Hirten auf dem Feld waren die Ersten, die davon erfuhren, verkündet durch einen Engel mit den Worten: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude.“ Diese Erzählung bildet den Kern des Weihnachtsfestes – die Geburt des Lichts in der tiefsten Dunkelheit der Welt.
Warum der 25. Dezember?
Interessanterweise ist das genaue Geburtsdatum Jesu historisch nicht belegt. Dass wir Weihnachten am 25. Dezember feiern, hat viel mit der Symbolik des Lichts zu tun. In der Antike feierten viele Kulturen um diesen Zeitraum die Wintersonnenwende – den Moment, ab dem die Tage wieder länger werden und die Sonne über die Finsternis siegt. Die frühe Kirche legte das Fest der Geburt Christi bewusst auf diesen Termin, um zu zeigen, dass Christus das wahre Licht ist, das die Dunkelheit besiegt. So verschmolzen uralte Naturbeobachtungen mit der christlichen Heilsbotschaft zu einem Fest, das den Sieg des Lebens feiert.
Vom Brauchtum zum Fest der Liebe
Über die Jahrhunderte entwickelten sich die Traditionen, die wir heute so schätzen. Der Weihnachtsbaum, wie wir ihn kennen, fand erst im 16. Jahrhundert seinen Weg in die Stuben, zunächst im Elsass und später in der ganzen Welt. Er symbolisiert mit seinem ewigen Grün das Leben und die Hoffnung mitten im harten Winter. Auch das Schenken hat eine tiefe Bedeutung: Es erinnert an die Gaben der Heiligen Drei Könige, aber noch viel mehr an das Geschenk Gottes an die Menschheit. Heute ist das Schenken zu einem Ausdruck der Wertschätzung geworden, mit dem wir unseren Liebsten zeigen, dass wir an sie denken und sie uns wichtig sind.
Die heutige Bedeutung: Innehalten und Zusammenrücken
In unserer oft hektischen und digitalen Welt hat Weihnachten eine neue, fast therapeutische Bedeutung gewonnen. Es ist die Zeit des Entschleunigens. Wenn wir gemeinsam am Tisch sitzen, alte Lieder singen oder einfach nur das Flackern der Kerzen beobachten, spüren wir, was wirklich zählt: Zwischenmenschlichkeit, Zeit und Liebe. Weihnachten erinnert uns daran, dass wir füreinander da sein sollten. Es ist das Fest, an dem wir die Hand ausstrecken – zu unseren Nachbarn, zu Einsamen oder zu Menschen in Not. Die stille Nacht lädt uns ein, den Lärm des Alltags auszublenden und auf die leisen Töne des Herzens zu hören.
Ein Wunsch für die Festtage
Ob gläubig oder nicht – der Zauber von Weihnachten erreicht uns alle. Es ist die Einladung, selbst ein kleines Licht in der Welt zu sein, vielleicht durch ein freundliches Wort, eine kleine Geste oder einfach durch die Bereitschaft, zuzuhören. Möge dieses Weihnachtsfest Ihnen genau das schenken, was Sie gerade brauchen: Ruhe für die Seele, Wärme für das Herz und die Gewissheit, dass nach jeder dunklen Nacht wieder ein neuer Morgen anbricht. Wir wünschen Ihnen ein frohes, gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Liebsten.
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Redaktion: LeserECHO Emden
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Vierter Advent: Wenn alle Lichter brennen – Ankommen zwischen Vorfreude und Ruhe
Der vierte Advent ist der leise Höhepunkt der Vorweihnachtszeit. Vier Kerzen brennen nun am Kranz – kein Platz mehr für eine weitere Flamme, kein „bald“ und kein „fast“ mehr, sondern ein deutliches Zeichen: Wir sind angekommen, ganz nah am Fest. Allein dieses Bild verändert oft schon die Stimmung im Raum. Das warme Licht wird dichter, die Schatten kleiner, und selbst die Geräusche des Tages scheinen leiser zu werden. Was in den letzten Wochen wie ein Weg in Etappen war, wird jetzt zu einem Ziel: Ein Sonntag, an dem vieles nicht mehr werden muss, sondern einfach sein darf.
Draußen zeigt sich der Dezember noch einmal von seiner typischen Seite: kurze Tage, lange Abende, viel Dunkelheit, mal Nieselregen, mal Frost. Drinnen aber sieht es anders aus: Lichterketten, Kerzenschein, der Duft von Tannenzweigen und Plätzchen, vielleicht ein Hauch von Braten oder Gewürzen. Viele Wohnungen und Häuser sind jetzt „fertig geschmückt“, der Baum steht bereits oder wird an diesem Sonntag aufgestellt. Oft ist das ein Familienritual: Kugeln sortieren, Lichterkette entwirren, Lieblingsstücke an ihrem Stammplatz aufhängen, zwischendurch Erinnerungen an frühere Weihnachten teilen. In diesen Momenten wird sichtbar, dass Advent nicht nur Dekoration ist, sondern eine Art gemeinsames Gedächtnis.
Der vierte Advent ist auch der Tag der letzten kleinen Handgriffe. Die letzten Geschenke werden verpackt, Karten zu Ende geschrieben, vielleicht noch zwei, drei Zutaten fürs Weihnachtsmenü besorgt. Und doch – je näher der Abend rückt, desto deutlicher spürt man: Die To‑do‑Liste verliert an Bedeutung. Es geht nicht mehr darum, ob alles perfekt vorbereitet ist, sondern ob wir innerlich bereit sind, das Fest wirklich hereinzulassen. Für viele Menschen ist dieser Sonntag ein bewusst gesetzter Gegenakzent zum Trubel: ein ausgedehntes Frühstück oder Kaffeetrinken mit der Familie, ein Besuch bei Menschen, die man nicht allein lassen möchte, ein Spaziergang durch die festlich beleuchtete Stadt oder am Wasser entlang – oder einfach eine Stunde Ruhe auf dem Sofa, mit einem Buch, mit Musik oder mit den eigenen Gedanken.
Gerade am vierten Advent tauchen häufig Erinnerungen auf: an Weihnachtsfeste der Kindheit, an Menschen, die nicht mehr da sind, an Rituale, die sich verändert haben. Der Tag trägt deshalb beides in sich – Vorfreude und Wehmut. Beides darf Raum haben. Vielleicht ist es genau diese Mischung, die ihn so besonders macht: Der vierte Advent ist nicht nur glänzend, sondern auch ehrlich. Er erinnert daran, dass Licht auch dann Bedeutung hat, wenn es auf Vergangenes fällt. Wer mag, nimmt sich bewusst einen Moment, um Traurigkeit zuzulassen – und sie mit einer Geste der Dankbarkeit zu verbinden: für das, was war, und für das, was heute noch trägt.
Wenn am späten Nachmittag oder Abend die vierte Kerze entzündet wird, hat dieser Moment etwas Feierliches. Vier Flammen stehen für Wärme, Hoffnung und Ankunft. In vielen Familien ist das die Zeit, in der noch einmal gesungen oder eine Geschichte vorgelesen wird, vielleicht ein letztes Adventsgedicht, bevor die eigentlichen Weihnachtstage beginnen. Die gespannte Vorfreude der Kinder ist jetzt fast greifbar – und steckt jene an, die sich sonst eher für „vernünftig“ halten. Gleichzeitig lädt der vierte Advent dazu ein, kurz innezuhalten und sich zu fragen: Was war in diesem Advent gut? Wofür bin ich dankbar? Was möchte ich in den kommenden Tagen bewusster machen – langsamer, aufmerksamer, herzlicher?
Vier Lichter am Kranz, vier Sonntage, ein Weg, der nun zu Ende gegangen ist. Der vierte Advent sagt: Du musst jetzt nicht mehr rennen. Du darfst ankommen. Möge dieser Tag genau das schenken: ein wenig Zeit für sich selbst, ein paar gute Gespräche, ein Stück bewusste Dankbarkeit und die Zuversicht, mit der man in die Weihnachtstage geht. Einen ruhigen, warmen und lichtvollen vierten Advent – mit einem vollen Kranz und einem möglichst vollen Herzen.
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Redaktion: LeserECHO Emden






